Ausbildungskompanie 6/7

Die Ausbildungskompanie 6/7
01.10.1961 - 01.10.1967

Im Sommer 1961 verschlechtert sich die angespannte weltpolitische Lage, die nicht ohne Auswirkungen auf die Bundeswehr und damit auch auf das Panzerbataillon 194 bleibt. So besetzen, nach einem ergebnislosen Treffen in Wien zwischen dem amerikanischen Präsidenten Kennedy und dem sowjetischen Ministerpräsidenten Chruschtschow Truppen der Nationalen Volksarmee der DDR am 13. August 1961 den Sowjetsektor von Berlin. Die 'Mauer' wird errichtet. Die Verbände der Bundeswehr werden in Bereitschaft versetzt. Die Kampfpanzer des Bataillons stehen gefechtsbereit aufmunitioniert in der Kaserne, Alarmpläne und Ausweichräume werden überprüft, Urlaub und Ausgang sind eingeschränkt. Um die Auswirkungen der Ausgangssperre zu mildern, wird ein umfassendes Freizeitprogramm mit Theater-, Film- und Sportveranstaltungen eingerichtet. Die Sicherheitsbestimmungen erlauben es nicht, aufmunitionierte Kampfpanzer für die Ausbildung zu nutzen. So werden die Kampfpanzer entladen und die Munition wird im Technischen Bereich eingelagert. Die dadurch notwendige Verstärkung der Wachen beansprucht alle Kompanien.

Im Oktober heißt es dann auch noch enger zusammenzurücken. Soldaten, deren Dienstzeit normalerweise am 30. September zu Ende wäre, müssen angesichts der noch immer angespannten Lage drei Monate länger dienen. Zum 01. Oktober kommen aber auch die neuen Rekruten. Ihre Anzahl liegt außerdem höher als die normale Einberufungsquote. So liegen also statt sechs, nun neun Soldaten auf der Stube. Die Spinde stehen auf dem Flur. Ein Lehrsaalgebäude muß als Unterkunft dienen.

Das Bataillon erreicht eine Dienststärke von mehr als 110 Prozent. Die Gruppe umfaßt 14 Soldaten und mehr. Eine gründliche Ausbildung fordert in hohem Maße alle Führer. Die Panzerkompanien werden vom Auftrag, Rekruten auszubilden, entlastet. Diesen Auftrag enthält zentral für das Bataillon die zum 01. Oktober neu aufgestellte Ausbildungskompanie 6/7.

Oberleutnant Weigelt wird Kompaniechef, Leutnant Hölscher Kompanieoffizier und Oberfeldwebel Uetz Kompaniefeldwebel.

Ab 1962 bildet die Kompanie auch für andere Verbände und Einheiten, wie für die Panzerjägerkompanie 190 und das FlaRegiment 7 aus. Drei Monate umfasst die infanteristische Grundausbildung, die vor allem im Winter die jungen Panzer-Rekruten vor eine harte Probe stellt. - Die Ausrüstung der jungen Männer ist deutlich bescheidener als man es heute (2009) kennt. - Die Wehrpflichtigen kommen (in der Regel) aus Nordrhein-Westfalen, der Großteil aus dem Raum Recklinghausen, Gelsenkirchen und Dortmund. 

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Am 13. Mai 1964 sind es zum Beispiel 10.000 Besucher, die eine Vereidigung in Ahlen miterleben. Die Division hatte aus diesem Anlaß alle ihre 6 Ausbildungskompanien zusammengezogen. in der Regel werden die Vereidigungen in der Lützow-Kaserne - auch schon mal auf dem Domplatz in Münster - im Rahmen der drei in Handorf stationierten Kompanien durchgeführt; der 5/7 (PzGrenBtl 193), der 6/7 und der 7/7 (PzArtBtl 195).

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Jede Grundausbildung wird durch eine 36stündige Härteübung abgeschlossen, die die Soldaten - Rekruten wie Ausbilder - an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeiten führt.

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Vom 24. Mai bis zum 05. Juni 1964 zum Beispiel führt die Ausbildungskompanie 6/7 ein Biwak auf dem Truppenübungsplatz LAVESUM bei Haltern durch. Höhepunkt und Abschluß ist die 36-Stundenübung. Im Rahmen der Übung marschiert die Kompanie bei glühender Hitze 62 Kilometer im Fußmarsch zurück in die Kaserne, voran der Chef, Oberleutnant Schumacher, neben ihm, absolut vorbildlich für alle, der 'Spieß', Hauptfeldwebel Uetz.

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Oberleutnant Schumacher

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Leutnant Spiller


Lohn der Anstrengungen für alle rund 120 Soldaten, die die Kaserne erreichen - etwa ein Viertel fällt aus - : ein 'verlängertes Wochenende', Urlaub von Freitagabend bis Sonntagabend.

Der Dienst in den Monaten und Jahren nach dem 'Mauerbau' ist besonders fordernd und so freut es, wenn der Kommandeur, Oberstleutnant Schöner, - ein Offizier, der mit Lob und Anerkennung sparsam umgeht, dabei aber von sich und seinen Soldaten alles fordert -, in mehreren Tagesbefehlen seine tiefe Befriedigung über die gezeigten Leistungen aller fünf Kompanien des Bataillons ausdrückt.

So heißt es beispielsweise im Tagesbefehl vom 02.10.1964: "Das Bataillon hat eine längere Übungsplatzzeit hinter sich. Während bei den Kompanien die Fortschritte und Erfolge der intensiven Gefechtsausbildung auf Übungsplätzen deutlich erkennbar geworden sind, hat die Stabs- und Versorgungskompanie in der gesamten Zeit die Führungs-, Instandsetzungs- und Versorgungsaufgaben reibungslos und zur vollen Zufriedenheit bewältigt.

Auch die Disziplin und der Einsatzwille aller Soldaten, die an 5 hintereinanderliegenden Wochenenden ohne längeren Ausgang bleiben mußten, haben sich als belastbar erwiesen.

Ich spreche allen Soldaten meine Anerkennung für Leistungen und dienstliche Leistung aus. Auch der Herr Brigadekommandeur hat sich im Rahmen der Dienstaufsicht wiederholt anerkennend über das Bataillon, bzw. einzelne Einheiten geäußert. ..."

Oder im Tagesbefehl vom 18.12.1964: " Bei der Besichtigung der AK 6/7 am 16./17. Dezember 1964 habe ich einen besonders guten Ausbildungsstand der Rekruten festgestellt.

Dies ist vor allem dem sehr gründlichen und über das normale Maß hinausgehenden Ausbildungsdienst der Kompanie zu verdanken. ..."

Die Ausbildungskompanie 6/7 wurde in den sechs Jahren ihres Bestehens geführt:

1961
01.09. KpChef Oberleutnant Weigelt
           KpOffz Leutnant Hölscher
           KpFw Hauptfeldwebel Uetz

1962
01.04. KpOffz Leutnant Klimmek
01.10. KpChef Oberleutnant Nölke

1963
01.02. KpChef Oberleutnant Schumacher
01.04. KpOffz Leutnant Spiller

1964
____ ____ ____

1965
01.01. KpFw Hauptfeldwebel Kurz
01.04. KpChef Oberleutnant Hölscher
           KpOffz Leutnant Müller

1966
01.04. KpOffz Leutnant Gauchel
01.10. KpOffz Leutnant Knist
01.11. KpOffz Leutnant von Wittenburg

1967
01.01. KpFw Hauptfeldwebel Roth
02.01. KpChef Hauptmann Dombrowski


Die Ausbildungskompanie bestand neben dem Kompanietrupp aus 4 Zügen zu je 3 Gruppen. Die Gruppenstärke lag zwischen 12 und 15 Mann. Die Zug- und Gruppenführer alle zu kennen ist nach so langer Zeit nicht mehr möglich. Hier ein Versuch die Zugführer-Feldwebel aufzuzeigen:

(folgt)

Sechs Jahre nach ihrer Aufstellung wird am 01. Oktober 1967 die Ausbildungskompanie aufgelöst.

Etwa 3.500 Rekruten erfuhren hier im Verlauf von 23 Quartalen ihre infanteristische Grundausbildung. Im Letzten, dem 24. Quartal, werden Unteroffizier- und Reserveroffizieranwärter ausgebildet. Zur Abschlußprüfung der jungen Soldaten gehört eine 2-tägige Durchschlageübung. Strenge Maßstäbe werden bei der Endbeurteilung angelegt; ein Viertel der Soldaten ist den hohen Anforderungen nicht gewachsen.

Da die Masse des Stammpersonals nach Auflösung der Kompanie vom Bataillon übernommen wird, verzichtet der Kommandeur auf einen Abschiedsappell. Ein zünftiger Kegelabend ist die letzte 'dienstliche' Veranstaltung. An diesem Abend wird in Erinnerung an gemeinsame Erlebnisse so manche 'Story' ausgegraben und erzählt; beispielsweise die über 'Harry': Oberfeldwebel Harry Wüstenhagen galt als starker Motivator.

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So forderte er denn angesichts eiskalten Wetters vor Beginn einer 36-stündigen Härteübung seine 'Jungs' auf, während der Übung keine weibische Weichheit zu zeigen, sondern mannhaft, allen Unbilden der Natur zum Trotze, auszuharren. Schließlich schliefe er, der Zugführer, notfalls auch 'nackend im Schnee'.

Um so erstaunter war jedoch dann Spähtruppführer, Unteroffizier Saes, der sich mit seinen Mannen tief durch den Schnee wühlend, an Harrys Stützpunkt herangearbeitet hatte. Bereits auf einige hundert Meter Entfernung entdeckte er hellen Feuerschein und erkannte beim Näherkommen, daß im gegnerischen Lager lodernde Feuer brannten, um die sich die 'Feinde' scharrten. Heftig mit den Armen um sich schlagend, wütend mit den Füßen den Boden stampfend, wärmten sich die 'Krieger' auf. Und mittendrin, gefährlich nah am Feuer: Harry!'

Am 02. Oktober 1967 stehen dann die Kompanieblöcke B 11 und B 22, die sicher vielen 194ern in Erinnerung geblieben sind, leer. Die Ausbildungskompanie 6/7 ist ein Stück Geschichte des Panzerbataillons 194 geworden.
 

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